Bärbel Bohleys Kritik an der Scheinheiligkeit der Regierung
Westerwelle maßt sich an mit einem Nachruf an Frau Bohley zu erinnern.
Seine Regierung sollte sich vielmehr an Ihre Vorgaben halten.

Hier ein kleiner Auszug ihrer Standpunkte

Bärbel Bohley
Auszüge aus 20 Jahre NEUES FORUM
http://www.baerbelbohley.de/

Ost-West
...In den Medien wird verkündet, wir brauchen Traditionsfirmen wie Quelle, Opel, Rosenthal, Schiesser, um Arbeitsplätze zu erhalten und weil sie Teil unserer Geschichte sind. Bei dieser Argumentation wird vergessen, dass nicht alle Deutschen diese Geschichte teilen. Der andere Teil erinnert sich an die Geschichte des Kalibergwerks Bischofferode nach 1989 und an so manch andere Ostfirma, die sicher auch auf dem Markt nicht ohne Chance gewesen wäre, wenn man sie ihr gegeben hätte...

Mediale Scheindebatten
...Die mannigfaltigsten, angeblich gleich bedeutungsvollen Themen wälzen sich, alles platt machend, durch die Medienlandschaft. Gestern war es die Pflegeversicherung, heute sind es die Lebensmittelimitationen. Ist es so schwer, ein Gesetz zu verabschieden, das verbietet, Lebensmittel irreführend zu beschriften? Wo Käse draufsteht, muss auch Käse drin sein. Eine Kampagne folgt der nächsten. Steuerhinterziehung, Kinderpornografie, Waffenbesitz, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Schweinegrippe, Atommüllentsorgung, Klimaschutz, Walfangquoten, Wahlen – alles Kampagnen, die die Probleme eher verwischen, als greifbar machen.
Wir kennen das ja bereits, denn wir haben vierzig Jahre von Kampagne zu Kampagne gelebt. Jetzt haben sie andere Inhalte und werden ganzjährig von Talksshows rund um die Uhr begleitet – bis auch der letzte Zuschauer eingeschlafen ist...

Afghanistan
...Im Halbdämmer nehmen wir noch wahr, dass wir jetzt am Hindukusch unsere Freiheit verteidigen sollen. Aus unseren Träumen wurden Albträume. Wie nah waren wir ihr, als in Dessau Arbeiter Gewehre auf Schienen legten und die Straßenbahn darüberfahren ließen! Jetzt sind deutsche Soldaten seit sieben Jahren in Afghanistan. Glauben wir, dass wir es besser machen als die Russen? Erfolg hätten wir bei der Zivilbevölkerung gehabt, wenn wir, nachdem die Waffen zum Schweigen gebracht wurden, großzügig Aufbauhilfe geleistet und nach absehbarer Zeit das Land verlassen hätten...

Bombodrom versus Freie Heide
...Wir haben dem Glauben, dass man die Welt gewaltfrei ändern kann, Zuversicht und Gewissheit gegeben. Dass nach siebzehn Jahren der Kampf gegen das Bombodrom in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zugunsten der Bürgerinitiative »Freie Heide« entschieden wurde, scheint mir ein hoffnungsvolles Augenzwinkern der Geschichte zu sein...

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cassandra_mmviii, 20. Sep 10
"Eine Kampagne folgt der nächsten. Steuerhinterziehung, Kinderpornografie, Waffenbesitz, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Schweinegrippe, Atommüllentsorgung, Klimaschutz, Walfangquoten, Wahlen – alles Kampagnen, die die Probleme eher verwischen, als greifbar machen"

Der Medienzirkus will unterhalten werden. Deswegen gibt es auch keine einfachen Nachrichten mehr, sondern alles ist die mega-super-nochniedagewesen-grössteKatastropheallerZeiten, gefolgt von X Sondersendungen zum Thema. Letzten Winter zB, da wa r es kalt. Nu je, ist halt Winter in Deutschland, da gibt es Schnee. Statt dessen schien die Welt unterzugehen und Brennpunkt jagte Sonderberichterstattung, wo Reporter mit Pudelmützen auf der Autobahnbrücke standen und mit ängstlicher Stimme gefragt wurden "Wie ist die Situation?". Alle waren sich einig: so viel Schnee gab es noch NIE! Werden wir das Überleben? Wie ist die Einschätzung vor Ort?
Ich habe meiner Tante ein paar alte Photos (so um 1977/78 herum aufgenommen) kopiert und geschickt, da winken wir beide fröhlich vom Schlitten und alles ist weiss. Da erinnerte sie sich: früher gab es noch viel mehr Schnee, und deswegen ging nicht die WElt unter.

Wenn man keine Nachrichten hat, weil das, was zu berichten wäre, zu kompliziert oder zu heikel ist, macht man sich halt welche.

cassandra_mmviii, 20. Sep 10
"Erfolg hätten wir bei der Zivilbevölkerung gehabt, wenn wir, nachdem die Waffen zum Schweigen gebracht wurden, großzügig Aufbauhilfe geleistet und nach absehbarer Zeit das Land verlassen hätten"

Da haben die Waffen nicht geschwiegen.
Das mit der Aufbauhilfe einiges im Argen liegt stimmt, und wahrscheinlich hätte man die Zivilbevölkerung eher gewinnen könne, wenn mehr aufgebaut worden wäre.
Andererseits ist die Zivilbevölkerung den Wechsel von Machthabern gewöhnt. Das klingt zynisch, ist es auch, aber: wie viel Enthusiasmus erwartet man von Leuten, die damit rechnen, dass demnächst wieder jemand anderes die Macht erobert und dann die Karten neu gemischt werden? Wer hat schon Lust, gesteinigt, erschossen, geköpft aufgehängt oder sonstwie vor seinen Schöpfer gebracht zu werden, weil er sich aus dem Fenster gelehnt hat?

Ein Teil der Afghanen hat nichts dagegen, von den Taliban beherrscht zu werden, ein anderer Teil will es sogar aktiv (sind ja nicht alles Allahu-Akbar-Touristen, es soll ja tatsächlich auch afghanische Taliban geben) und ein noch grösserer Teil mag die Taliban zwar ablehnen, lehnt sich aber nicht auf weil das Risiko zu hoch ist.