Freitag, 11. November 2011
Fritz-Moderator Ken Jebsen wehrt sich
„Ich bin vielleicht irre, aber kein Antisemit“

POTSDAM - Er redet immer sehr gehetzt. Ist er aber deshalb ein Hetzer?
Der Publizist Henryk M. Broder behauptet das von dem RBB-Moderator Ken Jebsen. Eine Mail von Broder hat ausgereicht, um den Radiosender Fritz kurzfristig dazu zu bewegen, die wöchentliche Nachmittagssendung Ken FM am letzten Sonntag einfach auszusetzen. Statt das ungewöhnliche, sogar ziemlich krude Polit-Unterhaltungsmagazin mit großem Wortanteil auszustrahlen, strahlte der öffentlich-rechtliche Jugendfunk vier Stunden Musik aus, unmoderiert.

Broder hat grobes Geschütz aufgefahren. Er wirft Jebsen vor, Antisemit zu sein. Er bezieht sich dabei nicht auf eine von Jebsens 545 Sendungen, die seit zehn Jahren das Programm von Fritz deutlich prägen und für manche Hörer Kultstatus haben, sondern auf eine Antwort-Mail, die der 45-jährige Radiomann an einen kritischen Hörer adressiert hat. Sie ist mindestens so hastig geschrieben (ohne Großbuchstaben und Kommas), wie Jebsen spricht, und wimmelt von Rechtschreibfehlern.

In der Mail, die viele Weltverschwörungstheorien kurz anreißt, steht auch der Satz „Ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat.“ Gegen den „durchgeknallten Moderator“ reißt Broder viele Schubläden auf: „Wenn in Brandenburg eine Lichtgestalt wie Manfred Stolpe Ministerpräsident werden konnte und wenn ehemalige Stasi-Richter weiter im Justizdienst beschäftigt werden können, dann spricht auch nichts dagegen, dass solch ein Demagoge und Lügner im öffentlich-rechtlichen Rundfunk derartigen Müll verbreiten darf.“

Jebsen setzte sich mit einem Statement zur Wehr, das er auf Youtube hochgeladen hat: „Ich bin vielleicht irre, aber kein Antisemit.“ Seine Sendung werbe „für Menschlichkeit und Gleichberechtigung“. Und er lädt Broder ein, in seiner Sendung „über Rassismus und Antisemitismus zu diskutieren“.

Ein Duell zwischen den beiden markigen und polarisierenden Meinungsmachern wäre mit Sicherheit eine muntere Veranstaltung. Delikat ist dabei, dass der 20 Jahre ältere Broder Kind von Holocaust-Überlebenden ist, als ausgemachter Freund Israels und der Vereinigten Staaten von Amerika gilt und sich in Deutschland als Hüter der politischen Moral Gehör zu verschaffen weiß. Jebsen indes ist Sohn einer deutschen Mutter und eines persischen Vaters, ging in den letzten Monaten sehr hart mit der Politik und der Sichtweise des Westens gegenüber den arabischen Ländern ins Gericht und rüttelt an fast allen Paradigmen, weil sie die Folge von Denkverboten sein könnten. In der von Broder beanstandeten Mail verleiht Jebsen seinem tiefen Misstrauen gegenüber der politischen Sphäre wiederholt Ausdruck. So schreibt er: „es geht nie um den menschen und frieden. Es geht um macht und krieg ist da ein super geschäftsmodell.“

„Ken FM“ ist nicht nur ein innovatives und avantgardistisches Radioformat mit wilden Livereportagen und extremen Soundexperimenten. Der Schnellsprecher nutzt die Sendung auch stets als Podium für eine radikale Medienkritik, wie sie sich der bundesdeutsche Mainstream kaum noch leistet. Manchmal redet er sich dabei obsessiv um Kopf und Kragen. Manchmal redet er auch nur Blech. Aber es wäre schlimm, wenn seine skeptische Stimme einer noch so gut gemeinten Zensur zum Opfer fiele.

08.11.2011
(Von Karim Saab)

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12212397/63369/Fritz-Moderator-Ken-Jebsen-wehrt-sich-Ich-bin.html

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